Wieder einmal hat der Magistrat das amtliche Bekanntmachungsblatt benutzt um gegen Andersdenkende massiv vorzugehen. Der SPD Vorsitzende, Rainer Fich, hat dazu bereits in einer Pressemitteilung vom 12. Januar Stellung genommen. Auch Elternvertreter wehren sich in einem Brief an den Bürgermeister, den Stadtverordnetenvorsteher und die Sozialdezernentin gegen die aus ihrer Sicht grob irreführende Darstellung die sie zudem für beleidigend und verleumderisch halten. Das Schreiben des Elternbeirats der Kindertagesstätte „Villa Wichtelstein“ stammt vom 14. Januar .
Wir dokumentieren die wesentlichen Passagen des Briefs unkommentiert im Wortlaut.
Pressemitteilung des Magistrats „Der direkte Draht – Kindergartengebühren“ vom 12.1.2017
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Stöhr,
sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher Anders,
sehr geehrte Frau Freund-Hahn,
in der vorbezeichneten Pressenotiz, die unter dem Rubrum „Der direkte Draht“ über die Internetseiten der Stadt Bad Vilbel verbreitet wird, nimmt „der Magistrat“ – konkret wohl: nehmen die Mehrheitsfraktionen der Stadtverordnetenversammlung – Stellung zu den Vorkommnissen um die Verabschiedung der Ausgliederung der Gebührenregelung für die Bad Vilbeler Kindertagesstätten vor den Weihnachtstagen 2016 und fügen damit dem zunehmend skandalösen Auftreten der Stadt in der vorbezeichneten Angelegenheit eine weitere Facette hinzu.
Der Elternbeirat der Kindertagesstätte „Villa Wichtelstein“ nimmt zur Kenntnis, dass damit auch nach der Verabschiedung der Gebührensatzung nach wie vor an der grob irreführenden Darstellung festgehalten wird, die mit drastischen, unvorhersehbaren Härten für die betroffenen Familien verbundene Umkehrung der früheren Geschwisterrabattregelung sei unvermeidlich, da durch den Bericht des Landesrechnungshofs zur Situation der Kinderbetreuung in der Kommune veranlasst.
Elternbeirat und Elternschaft betrachten es als Schlag ins Gesicht, dass diese Maßnahme geradezu als Korrektur von „Ungerechtigkeiten“ dargestellt wird. Wir weisen nochmals darauf hin, dass diese Maßnahme bei verständiger Würdigung der Ausführungen des besagten Berichts des Landesrechnungshofs gerade nicht als durch entsprechende Vorgaben des Landesrechnungshofes veranlasst qualifiziert werden kann. Vielmehr handelt es sich um eine politische Entscheidung, die – wie wir bereits in unserem Schreiben an die politisch Verantwortlichen vom 12. Dezember 2016 ausgeführt – den im Bericht des Landesrechnungshofes skizzierten Gestaltungsspielraum grundlegend verkennt und nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft hat. Tatsächlich korrigiert diese Maßnahme entgegen der Darstellung in der vorbezeichneten Pressemitteilung der Stadt bewusst und ohne jeden Rücksicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte eine zuvor gewährte sozialpolitische Errungenschaft, was in extrem gelagerten Fällen eine Kostenerhöhung von bis zu knapp 40 % und damit zu unzumutbaren Härten geführt hat.
Vor allem allerdings empört die Elternschaft, dass ihr in der Pressemitteilung deutlich vorgehalten wird, auf Kosten anderer legitimer Interessen einen illegitimen Verteilungskampf angezettelt zu haben. Geradezu beleidigend und verleumderisch ist in diesem Zusammenhang der Vorwurf, die betreffenden Aspekte zum Gegenstand einer „hochemotional[en] und wenig sachlich[en]“ Diskussion gemacht zu haben. Das Gegenteil ist der Fall:
- Insbesondere der Elternbeirat der Kindertagesstätte „Villa Wichtelstein“, dem ich vorsitze, hat bereits im vorbezeichneten Schreiben vom 12. Dezember 2016 zwar deutlich, aber in durchweg sachlich gehaltenem Duktus auf die mit der geplanten Gebührenerhöhung verbundenen Konsequenzen aufmerksam gemacht.
- Der Elternbeirat hat zugleich auf die bereits zuvor verbreitete Pressemitteilung der Stadt reagiert, in dieser diese im Vorlauf auf die entscheidende Sitzung des Sozialausschusses wahrheitswidrig insinuiert hat, es sei der Entwurf der Gebührenordnung konsensual mit den Elternbeiräten der Stadt abgestimmt worden. Dies hat NICHT stattgefunden; die Elternbeiräte fühlen sich vor diesem Hintergrund als Legitimationsbasis für Maßnahmen instrumentalisiert, die zu keinem Zeitpunkt Gegenstand einer hinreichend vorbereiteten, angemessen eingehenden Diskussion waren.
- Ein – entscheidender – weiterer Schritt zur Eskalation der Diskussion war sodann die Nichtweiterleitung des vorbezeichneten Schreibens der Elternschaft vor der entscheidenden Sitzung des Sozialausschusses und die damit dokumentierte, auch in der Lokalpresse kritisierte völlige Nichtachtung gegenüber dem Vorbringen der Betroffenen, die dazu beitrugen, dass es während der entscheidenden Sitzung des Sozialausschusses zu keinerlei inhaltlicher Befassung mit dem Sachvorbringen gekommen ist.
- Ungeachtet der inakzeptablen Verweigerung eines Dialogs hat der Elternbeirat auch nach der Sitzung des Sozialausschusses auf verschiedenen Wegen seine Bereitschaft zu einem sachlichen Dialog gerade mit den zur Entscheidung berufenen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern der Mehrheitsfraktionen kommuniziert und dabei die Bereitschaft erkennen lassen, auch an Kompromisslösungen mit dem Ziel sowohl der Umsetzung der Empfehlungen des Landesrechnungshofs als auch der Vermeidung exorbitanter, nicht zu rechtfertigender Härten mitzuwirken. Der Elternbeirat hat stets dabei ausdrücklich klargestellt, dass es ihm nicht um Extrempositionen – wie etwa eine kostenfreie Kinderbetreuung –, sondern um konstruktive Änderungen des Satzungsentwurfs geht.
- Erst als jeder Dialog hierüber auch weiterhin ausdrücklich verweigert und die Elternschaft vielmehr ohne Eingehen auf die vorgebrachten Sachargumente und ohne jedes Verständnis für die mit dem politischen Richtungswechsel verbundenen drastischen Härten auf Allgemeinplätze verwiesen wurden, kam es zur Kundgebung am Rande der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung. In deren Rahmen haben betroffene Eltern durch Hochhalten von Plakaten mit Hinweisen auf die konkret von ihnen zu tragenden Mehrbelastungen wiederum sachlich illustriert, in welchem Ausmaß die von der Stadt kommunizierte „Regelerhöhung“ von knapp über 8 % dietatsächlichen Konsequenzen der Gebührenerhöhung in geradezu grotesker Weise verniedlicht hat. Wenn der Magistrat der Stadt Bad Vilbel dies als „emotional[e] und wenig sachlich[e]“ Diskussion bezeichnet, zeigt er damit nicht nur ein erstaunliches Maß an fehlendem Respekt für den hohen Stellenwert des Grundrechts der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) in der parlamentarischen Demokratie, sondern täuscht zudem über den Umstand hinweg, dass die Mehrheitsfraktionen selbst durch die Verweigerung jeder Art des persönlichen Dialogs letztlich alle Alternativen versperrt hatte.
Mit welchem Recht der Magistrat der Stadt Vilbel meint, eine Interessengruppe, die ihre Belange durchweg konstruktiv, unter Hinweis auf die Faktenlage und dialogbereit vertreten hat, mittels eines öffentlichen, steuerfinanzierten Kommunikationsmediums in der Allgemeinheit diffamieren und verhöhnen zu dürfen, erschließt sich mir nicht. Eine derartige Wählerbeschimpfung provoziert eine weitere Eskalation der öffentlichen Debatte, an deren Vermeidung der Elternschaft stets gelegen war.